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„Sehnsucht / Hoffnung – Liebe ist der Motor“ Christlich-muslimisch-jüdische Begegnungfeier am 17. März 2019

Miteinander vor Gott 2019 mit Avi Applestein, Gila Enayati, Rebeya Müller und Hans Mörtter / Foto: Miyesser Ildem
Miteinander vor Gott 2019 mit Avi Applestein, Gila Enayati, Rebeya Müller und Hans Mörtter / Foto: Miyesser Ildem

Bei unserer fünften Begegnungsfeier trafen sich erstmalig vier abrahamitische Religionen, um miteinander vor Gott zu stehen. Pfarrer Hans Mörtter und Imamin Rabeya Müller begründeten das Format, bei der vierten Feier beteiligte sich Günther Bernd Ginzel von der Liberalen jüdischen Gemeinde Köln daran, der dieses Mal aus gesundheitlichen Gründen allerdings absagen musste und herzliche Grüße an die Anwesenden ausrichten ließ. Statt seiner brachte sich sein Glaubensgenosse Avi Applestein ein. Die Vierte im Bunde war Gila Enayati von der Bahai-Gemeinde, einer Religion, die sich den abrahamitischen Monotheismus zu eigen machte, ihn aber auf ihre Art interpretiert.

Nachtrag: 
Am 19. Februar 2024 verstarb Rabeya Müller. Mit ihr verlieren wir eine mutige Verbündete, die wir sehr vermissen werden. 

von
Helga Fitzner

Nach dem kürzlichen Attentat auf eine Moschee im neuseeländischen Christchurch kamen auch Sicherheitsbedenken für diese Veranstaltung auf. Menschen jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubens sind global betrachtet immer wieder Opfer von Angriffen. Pfarrer Hans Mörtter spricht den Attentätern aber eine religiöse Motivation ab: „Solche Terroristen sind rechtsradikal. Das sind kranke Menschen, die eine Religion dazu missbrauchen, um ihre Morde zu rechtfertigen. Sie wollen, dass wir uns nicht sicher fühlen“. Der Israeli Avi Applestein meinte: „Gott hat uns Intelligenz und Dummheit geschenkt. Wir entscheiden uns immer wieder für die Dummheit und ziehen es vor, im Schmerz zu leben. Anstatt die Gemeinsamkeiten zu erkennen, forcieren wir viel zu sehr die Unterschiede“. Rabeya Müller rief zur „Aufrüstung“ auf: „Gemeint ist eine verbale Aufrüstung, denn zu schweigen, heißt, die anderen gewähren zu lassen“.
Hans Mörtter geht davon aus, dass unsere Gemeinde nicht bedeutsam genug ist, um in Gefahr zu sein: „Wir feiern. Hand in Hand. Miteinander. Wir sind Brüder und Schwestern in dieser Welt. Alles andere ist gelogen“. Für Hans Mörtter ist das nicht blauäugig: „Was nährt die Hoffnung? Unsere Liebe, unser Mitgefühl, unser Miteinander. Unser Mut, füreinander einzustehen, aufzustehen gegen Unrecht und Hass. Die Achtung, in der wir uns alle begegnen und die wir bekennend hochhalten“.

Und so feierten wir, auch im Anschluss im Gemeindesaal, wo die Liberalen Muslime Deutschlands wieder ein wunderbares Brunch aufgebaut hatte. Am Ende teilten wir uns gar nicht mehr in Christen, Muslime, Juden, Männer, Frauen oder andere ein. Wir waren einfach 280 Menschen, die mit ihrer Teilnahme an dieser Begegnungsfeier ein Zeichen gesetzt haben.

Zum Schluss noch ein wunderbares Beispiel jüdischen Humors. Avi Applestein erzählte diesen Witz: „Ein Rabbi ist unglücklich und spricht mit Gott: ‚O Gott, o Gott, was soll ich tun? Mein Sohn ist zum Christentum konvertiert?‘ Da antwortet Gott: ‚Was soll ich dazu sagen? Mein Sohn hat das auch getan’“.

Bild entfernt.
Miteinander vor Gott 2019 mit Avi Applestein, Gila Enayati, Rebeya Müller und Hans Mörtter / Foto: Miyesser Ildem

Begrüßung
Pfarrer Hans Mörtter

Lied
„Kommt herbei, singt dem Herrn“, Kantor Thomas Frerichs am Klavier

Votum im Namen Gottes
Pfarrer Hans Mörtter und Kantor Thomas Frerichs

Azan – muslimischer Gebetsruf
Imam Faizal
„Allahu akbar (4x) Gott ist größer
Aschhadu an la illaha illallah (2x) ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Gott
Aschhadu ana Muhammada rasul Allah (2x)
ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Gottes ist
Hayya la salah (2x) kommt zum Gebet
Hayyalal falah (2x) kommt zum Guten
Allahu akbar (2x) Gott ist größer
La illaha illallah es gibt keinen Gott außer Gott“

Psalm 23
vorgetragen von Avi Applestein von der Liberalen jüdischen Gemeinde Köln
„Gott weidet mich, mir fehlt es an nichts. Auf grüner Wiese lässt Gott mich lagern, zu Wassern der Ruhe leitet Gott mich sanft. Meine Lebendigkeit kehrt zurück. Gott führt mich auf gerechten Spuren – so liegt es im Namen Gottes. Wenn Finsternis tief meinen Weg umgibt, Böses fürchte ich nicht. Ja, du bist bei mir, dein Stab und deine Stütze – sie lassen mich aufatmen. Du bereitest einen Tisch vor mir, direkt vor denen, die mich bedrängen. Mit Öl salbst du mein Haupt. Mein Becher fließt über. Nur Gutes und Freundlichkeit werden mir alle Tage meines Lebens folgen, und zurückkehren werde ich in das Haus Gottes für die Dauer meines Lebens.“

Lied
„Laudate omnes gentes“, Kantor Thomas Frerichs

Imamin Rabeya Müller im arabischen Original
„Und zu den Zeichen Gottes gehört es, dass Er den Blitz zur Furcht und gleichzeitig zur Hoffnung zeigt und Wasser vom Himmel sendet und damit die Erde nach ihrem Tod belebt. Hierin sind Zeichen für Menschen, die begreifen“.
Sure [30:24]

„Und jene, die vor ihnen hier wohnten und im Glauben heimisch geworden sind, lieben jene, die bei ihnen Zuflucht suchten, und hegen in sich keine Sehnsucht nach dem, was ihnen gegeben wurde, sondern sehen die Flüchtlinge gern vor ihnen selbst bevorzugt, auch wenn sie selbst in Knappheit leben. Und wer vor seiner eigenen Habsucht bewahrt ist – das sind die Erfolgreichen.“
Sure [59:9]

Gebet
Gila Enayati – Bahaigemeinde
„Erschaffe in mir ein reines Herz, o mein Gott und schenke mir wieder ein ruhiges Gewissen, o meine Hoffnung. Bestätige mich durch den Geist der Macht in Deiner Sache, o mein Vielgeliebter, und offenbare mir Deinen Pfad durch das Licht Deiner Herrlichkeit, o du meiner Sehnsucht. Erhebe mich durch die Kraft Deiner höchsten Macht in den Himmel Deiner Heiligkeit, o Quell meines Seins und erfreue mich mit den sanften Winden Deiner Ewigkeit, o du der du mein Gott bist, lass deines ewigen Weisen Ruhe über mich strömen, o mein Gefährte, lass den Reichtum Deines Urewigen angesichts mich von allem außer Dir befreien, o mein Meister, und lass die Botschaft der Offenbarung Deines unzerstörbaren Wesens mir Freude bringen o du, der Du der Offenbarste des Offenbarten und der Verborgenste des Verbogenen bist. „

Lesung aus dem 1. Korinther – Kapitel 13,1-13

Hans Mörtter: Wenn ich wie ein Mensch rede oder wie ein Engel, und wäre ohne Liebe, bin ich ein schepperndes Blech oder eine gellende Zimbel.
Rabeya Müller: Und wenn ich die Gabe habe, die Zeichen der Zeit zu deuten, und alles Verborgene weiß und alle Erkenntnisse habe und alles Vertrauen, so dass ich Berge versetzen kann, und bin ohne Liebe, so bin ich nichts.
H. M.: Und wenn ich alles, was ich kann und habe, für andere aufwende und mein Leben aufs Spiel setze selbst unter der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu enden, und bin ohne Liebe, hat alles keinen Sinn.
R. M.: Die Liebe hat einen langen Atem und sie ist zuverlässig, sie ist nicht eifersüchtig, sie spielt sich nicht auf, um andere zu beherrschen.
H. M.: Sie handelt nicht respektlos anderen gegenüber und sie ist nicht egoistisch, sie wird nicht jähzornig und nachtragend. Wo Unrecht geschieht, freut sie sich nicht, vielmehr freut sie sich mit anderen an der Wahrheit.
Sie ist fähig zu schweigen und zu vertrauen, sie hofft mit Ausdauer und Widerstandskraft.
R. M.: Die Liebe gibt niemals auf. Prophetische Gaben werden aufhören, geistgewirktes Reden wird zu Ende gehen, Erkenntnis wird ein Ende finden.
H. M.: Wir erkennen nur Bruchstücke, und unsere Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, ist begrenzt.
R. M.: Wenn aber die Vollkommenheit kommt, dann hört die Zerrissenheit auf.
H. M.: Als ich ein Kind war, da redete und dachte ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind.
R. M.: Als ich erwachsen wurde, ließ ich zurück, was kindlich war.
H. M.: Wir sehen vorläufig nur ein rätselhaftes Spiegelbild, dann aber von Angesicht zu Angesicht.
R. M.: Heute erkenne ich bruchstückhaft; dann aber werde ich erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin.
H. M.: Nun aber leben wir mit Vertrauen, Hoffnung und Liebe, diesen drei Geschenken; beide: aber die größte Kraft von diesen dreien ist die Liebe.

Musik (Dhikr), Imam Hadi Schmidt-El Khaldi und Freunde
2.1. bismi Illah ir Rahman ir Rahim . Im Namen Gottes, Des Gnädigen, des Barmherzigen (Quran 2.1)
2.2 al hamdu li Illahi, Rabb il aalamiin Lob sei Gott, dem Herr der Welten (Quran 2.2.)
39:34 lahum maa yaschaa’uuna inda Rabbihim
sie werden alles was sie wünschen bei ihrem Herren haben (Quran 39:34)

Gemeindemitglieder sprechen
Person 1 Ich bin … und ich bin Bahai, ich habe die Hoffnung, dass
Liedrefrain
Egal, wer du auch bist, wer du bis, ob Jude, Muslim, Hinduist,
ob Christ Buddhist ob Atheist, das ist kein Grund für Zwist und Streit und Krieg, oh nein, oh nein
Person 2 Ich bin … und ich bin Christ*in, ich habe die Hoffnung, dass
Liedrefrain…
Person 3 Ich bin Azza und ich bin Muslim*in, ich habe die Hoffnung, dass
Liedrefrain…

Bekenntnis – gemeinsam gesprochen
Ich halte mich fest an die Schöpferkraft, die Eine und Einzige,
mit den vielen Namen.
Die unsere Wirklichkeit geschaffen
Und uns ins Leben gerufen hat.
Die Menschen als ihre Zeuginnen und Zeugen erwählt, wie Noah, Abraham und Mose, und durch Propheten gesprochen hat, wie durch Jesus, den Sohn der Maria, und für die Musliminnen und Muslime Mohammed als ihre Gesandten.
Die alle ihre Botschafterinnen und Botschafter und die wahrhaft Glaubenden annimmt. Die uns alle ihren Geist schenkt, damit wir weiter auf sie hoffen, bis sie kommt und die Welt zu Recht bringt und uns alle und alles mit sich vereint. Amen.
(abgeänderte Fassung nach einem interreligiösen Bekenntnisses für Juden, Christen und Muslime von Manfred Görg 1938-2012 – deutscher katholischer Theologe und Ägyptologe)

Lied
„Der Kölsche Stammbaum“  mit aktualisiertem Text von Gaby Falk

Predigtgespräch
Voller Sehnsucht gehen wir den Hoffnungsweg weiter
Imamin Rabeya Müller und Pfarrer Hans Mörtter

Lied
„Sister, carry on“, Kantor Thomas Frerichs

Abkündigungen und Sammlung für Flüchtlingshilfe

Lied
„Show me Lord, from the start, where’s my treasure, where’s my heart“
Kantor Thomas Frerichs.

Fürbitte
Imamin Rabeya Müller, Avi Applestein, Liberale jüdische Gemeinde Köln, Gila Enayati, Bahai-Gemeinde und Martin Jahn, Lutherkirche

Unser Gott, gebetet von allen
„Unser Gott im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und leite uns aus den Versuchungen,
und erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen. „

Jüdisches Lied nach Psalm 133,1
"Hineh ma tov", Kantor Thomas Frerichs

Segen
Nachspiel